VIEL einFALT

Abzulehnen ist ein diktatorisches System,
insbesondere wegen der Art mit Meinungsvielfalt umzugehen.
Unerwünschte Auffassungen zu haben, kann man dort kaum wagen:
Bitter ist  das Fehlen der Meinungsfreiheit zu beklagen!

Ist diese Unterdrückung aber überwunden
und endlich Toleranz gefunden,
stellen manche Vielfaltskämpfer fest,
dass nun nicht nur Raum für ihre Meinung, sondern auch für ihnen nicht genehme Denkansätze ist.

Eisblume

So fein, so filigran,
rührt sie so manches Herz aufs Tiefste an.
Von makelloser Schönheit ihr Gesicht,
doch was Wärme ist, das weiß sie nicht.

Sie ist glasklar und bleibt eiskalt,
setzt auf ihre zauberhaft ästhetische Gestalt,
von der sich mancher allzu gerne blenden ließ,
was für sie ein leichtes Spiel für berechneten Erfolg verhieß.

Klartext

Ich liebe deinen Dialekt,
der in jedem deiner Wörter steckt.
Kaum einer spricht ihn heute noch,
dagegen versteht ihn jeder doch.
Jedes Wort so klar wie ein Kristall,
ungeschminkter Wörterfall,
der sich nicht vor unbequemen Sätzen scheut
und den Kern der Wahrheit stets erreicht,
der – aller Risiken zum Trotz – Sätze in die tiefsten Tiefen dringen lässt:
Deine Sprache ist so samtig weich wie felsenfest!

Das Kind

Erst in dann bei mir aufgewachsen, 
uns gegenseitig ge- und eingeprägt,
schließlich über mich und sich hinausgewachsen
und trotz mancher Steine auf gangbarem Weg.

Hat Vertrauen mir zum Geschenk gemacht,
zutiefst verbunden und doch ewig fremd.
An meine Grenzen hat es mich gelegentlich gebracht,
während es selber keine Grenzen kennt.

Freundesland

Das Gras scheint grüner, dort wo du stehst;
viel gerader scheint der Weg, auf dem du gehst.
Jede Kreuzung scheint Wegweiser für dich zu haben:
Nie scheinen dich Entscheidungen zu plagen,
welcher Weg nun gangbar und richtig für dich ist,
hast nie die Möglichkeiten eines anderen Wegs vermisst.
Bestätigung scheint überall in deinem Land zu wachsen,
die Steine auf deinem Weg alle rund geformt,
so dass sie weder Schuhe noch das Selbstvertrauen ankratzen.

Regen

Ein heißer Sommertag neigt sich dem Ende:Aufgeheizt sind Straßen, Wege, Häuserwände.In jedem Haus die Fenster offen,als würden auch sie auf des Abends Kühle hoffen. Erschöpft lassen wir uns auf die Laken sinken,überlegen, ob wir ein Glas kühlen Weißwein trinken,reden leise, lassen uns von der schweren Sommerwärme träg‘ verführen.Nichts regt sich – nicht der kleinste Luftzug„Regen“ weiterlesen

SELBST ICH!

Seit jeher vor mir SELBST davon gerannt,
obwohl ICH mich vermeintlich auf dem Weg zum SELBST befand.
Bin weit gekommen, doch nirgends angelangt.

Verletzlich ICH im Leben stand,
da sich das SELBST nicht schützend um mich rankt
und ICH zwar Werte, doch nicht den Wert des SELBST empfand.

Während manch einer sein SELBST verliebt erkannt
und sein Leben elegant zum Glück gewandt,
ICH mich schließlich SELBSTlos sinnvoll fand.

Der Ausflug

Vom Zwielicht der Dämmerung verborgen,
unbemerkt von meinen Alltagssorgen,
stahl‘ ich mich still und leise fort
zu diesem ganz speziellen Ort.

Schimmernd der Spiegel des klaren, ruhigen Sees,
in dessen reines Wasser ich die Gedanken gleiten ließ:
Frei, die pure Klarheit zu genießen
und in die Tiefe bis auf den Grund zu fließen.

Club der lebenden Opportunisten

Vor dem Hintergrund, dass nunmehr bereits ein zweiter Brief in der Welt ist, habe ich mir soeben den ersten Brief der „deutschen Intellektuellen“ auf http://www.emma.de vom 29.04.2022 nochmals durchgelesen. Schon bei der ersten Lektüre ließ er mich ungläubig bis fassungslos zurück: Fassungslos, ob dieser beispiellosen selbstzufriedenen Arroganz, die mit ebenso beispielloser Skrupellosigkeit dann auch noch in Richtung Pazifismus gerückt wird. Als ich den Brief erstmals Ende April las, war ich noch durch eine Covid-Infektion niedergestreckt (trotz dreimaliger Impfung versteht sich) und daher nicht unbedingt in allerbester Stimmung.