Das Gerücht

„Das Gerücht“ von A. Paul Weber

Dieses Bild von A. Paul Weber aus dem Jahr 1943 hat an Aktualität auch heute nicht das Geringste eingebüßt! Ich bezweifle, dass man den Begriff „Gerücht“ besser verbildlichen kann, als A. Paul Weber es hier getan hat.

Schon der Schriftsteller Arno Schmidt bezeichnete es als „die beste Allegorie seit Leonardo da Vinci„.

Im A. Paul Weber Museum in Ratzeburg wird das Bild wie folgt kommentiert:

Meisterhaft ist hier die Umsetzung eines abstrakten Begriffes in eine dingliche Form gelungen. Zugleich prangerte Weber in diesem 1943 gezeichneten und später mehrfach lithographierten Blatt bereits die monstrengebärende, unmenschlich monotone Architektur der modernen Großstädte an, aus deren Fensterlöchern die Gestalten dem Gerücht zuströmen und ihm immer neue Nahrung geben. Weber spielte in den Details der schlangenartigen Figur auf zahlreiche „geflügelte Worte“ oder Redewendungen an, die wir im Zusammenhang mit diesem Thema benutzen: Der Schlangenleib – Symbol der Falschheit – ist besetzt mit Augen und Zungen, der Kopf hat große, spitze Lauscher, mit denen das Gerücht „die Ohren spitzt“ und „etwas spitzkriegen“ kann, dicke Brillengläser, durch die es alles genauestens zu sehen glaubt und doch alles nur verzerrt wahrnimmt, eine große „Klappe“ mit „spitzer“ Zunge und einen langen „Riecher“, den es „in alles steckt“.

https://www.weber-museum.de/werk/gesellschaftskritik.html

Zu ergänzen wäre hier vielleicht noch, dass Gerüchte es ja bekanntlich an sich haben, dass sie sich um kleine Fragmente von Wahrheiten herum ranken und durch das Hinzufügen weiterer angenommener oder als wahrscheinlich erachteter Details, die mit den wahren Tatsachen jedoch in keinerlei Verbindung mehr stehen, in kürzester Zeit zu immer größeren und abenteuerlicheren Geschichten werden. Auch dieses exponentielle Wachstum eines Gerüchts zeigt A. Paul Webers Zeichnung auf das Vortrefflichste.

Gerüchten ist es zudem zu eigen, dass sie für denjenigen oder dasjenige, um den oder das sie sich ranken, selten positiv sind. Dieser bösartigen Grundströmung von Gerüchten wird mit dem Gesichtsausdruck des „Gerüchtswesens“ in perfekter Weise Rechnung getragen.

Ein in vielfacher Hinsicht beeindruckendes Bild!

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