
Wir sehen beide auf das Meer.
Du sagst, Du magst das Blau so sehr.
Ja – unvergleichlich schön ist dieses Blau!
Doch was siehst Du ganz genau?
Wie sieht „Blau“ mit Deinen Augen aus?
Welche Assoziation entsteht für Dich daraus?
Niemals werde ich erfahren,
ob unsere Wahrnehmungen identisch waren.
Niemals werde ich mit Deinen Augen sehen,
Dich niemals 100% verstehen.
Immer wird dies kleine Delta existieren,
über dessen wahres Ausmaß wir stetig spekulieren.
Wenn ich in den Spiegel sehe,
egal, wie ich mich drehe,
bleibt’s doch ein Spiegelbild, das dort entsteht.
Nur andere sehen die Realität,
hingegen kann ich mich selber niemals wirklich sehen.
Ein feiner Zweifel mag da leicht entstehen,
ob und wie das Spiegelbild vielleicht
von der Wirklichkeit abweicht
und ob der Eindruck der real entsteht,
mit meinem Selbstbild noch zusammen geht?
Auch dieses Delta ist schwer einzuschätzen,
kann ihm nur mein Selbstvertrauen entgegensetzen.
Das Delta zwischen unseren Wahrnehmungen
und seine genauen Ausprägungen
würde ich nur allzu gern ergründen
und mich mit dieser Unbekannten zwischen uns verbünden.
Doch Wahrnehmungsfusion ist reine Illusion:
Das Delta bleibt immer ein Mysterium!
Es lässt sich nur eine Brücke d’rüber bauen,
vorausgesetzt man hat Vertrauen …
… und möglicherweise ist es gerade dieses Delta – dieser Unterschied,
der bewirkt, dass man sich ganz besonders liebt?
© 2022 Joanna Watson Stein