Verderben

Im März vor einem Jahr
Als er sie bei einer Einladung zum Abendessen sah
War eine erste kleine Flamme da
Knisternd, prickelnd und bezaubernd unwägbar

SIE! So fragil, so pur und von elegantester Gestalt
Ihr Charisma dem Körper und dem Geist in gleichem Maße galt
Sie hatte sich in seine Gedanken eingeschlichen
Die seit diesem Abend nicht mehr von ihr wichen

ER: Ein Lebe lang kühl und unnahbar
Souverän bis arrogant nahm man ihn wahr
Konnte seine Gedanken nun nicht mehr bezwingen
Die sich alle mit drängender Macht in ihr verfingen

Er rief sie an – man traf sich Abends in einer Bar
Seine Sinne sofort im Chaos als er sie sah
Süße Erwartung gepaart mit Lust und Leidenschaft
Mit gewaltbereiter Sanftheit und zärtlicher Kraft

Humorvoll doch unbedeutend war die Konversation
Sie blieb distanziert – signalisierte ihr mangelndes Interesse schon
Die gewohnte Kühle war verflossen, bis in die Haarspitzen war er elektrisiert
Seine exzellenten Manieren durch zu viel Gefühl gänzlich blockiert

Er musste sich zwingen, ihre Hände nicht zu berühren
Das Gespräch mit souveräner Fassade weiter zu führen
Doch je mehr er spürte, wie er an Boden bei ihr verlor
Desto drängender kam sein Verlangen hervor

Mit dem, was verblieben vom klaren Blick
Gewann er einen Rest Selbstkontrolle zurück
Beendet war das Treffen – die Wege trennten sich
Allein seine Gedanken lösten sich von ihr nicht

Konnte nicht mehr schlafen, vergaß zu Essen
Alles kreiste um sie – war wie besessen
Vernachlässigte Beruf, Familie und sich selbst
Die Folge, wenn Du der Begierde vollends verfällst

Die kühle Unnahbarkeit hatte ihn verlassen
Er konnte seine Unbeherrschtheit selbst kaum fassen
Versuchte unzählige Male sie zu kontaktieren
Hoffte, sie würde irgendwann reagieren

Die Selbstachtung war verloren gegangen
Unbemerkt, zu beschäftigt war er mit dem Bangen
Um ein Nanogramm Aufmerksamkeit von ihr
War bereit, alles aufzugeben dafür

Von ihr kein Zeichen – nur wenige Worte allein der Höflichkeit geschuldet
Er sah wie sie seine Kontaktversuche nur mit Desinteresse duldet
War verzweifelt, Körper und Seele schmerzten vor Verlangen
Fühlte sich klein wie nie zuvor, in Aussichtslosigkeit gefangen

Alles hatte er verloren an die Begierde
Seine Souveränität und seine Würde
Hatte erstmals sein nacktes Selbst erblickt
Und fand doch zu sich selbst nicht mehr zurück

Unmöglich schien es, das Verlangen los zulassen
Doch nur so kann seine Wirkung je verblassen
Nur so für ihn die Chance, sich auf den langen, beschwerlichen Weg zu machen
Eines Morgens wieder im Einklang mit sich selber aufzuwachen

© 2021 Joanna Watson Stein

Photo by cottonbro on Pexels.com

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